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Trip durch die Barrancas von Ost-Mexico



Wie heisst es doch so schön? "Wiedersehen macht Freude" und so besuchen wir wieder einmal die tiefen Schluchten und hohen Berge in Guanajuato, Queretaro und Hidalgo. Um etwas Abwechslung in die Tour zu bringen, sind wir diesmal mitten in der Regenzeit unterwegs. Dieses Jahr kann man wirklich mit Recht von Regenzeit reden, denn es hört einfach nicht auf zu regnen, was den Strassenzustand von einem Tag auf den nächsten ändern kann. Man stellt sich öfter die Frage, ob man wieder auf festem Stein herauskommt bevor der nächste Regenguss runtergeht und untersucht das Terrain gut, bevor man für die Nacht parkt. Dafür verwandelt das viele Wasser die Landschaft in ein Meer aus grünen Hügeln und Bergketten, hoch oben in den Bergen blühen Alpenblumen, mexikanische natürlich; die Flüsse in den Schluchten führen so viel Wasser, dass Verbindungen, die in der Trockenzeit in eben diesen Flussbetten problemlos gefahren werden können, für Monate unpassierbar werden.



Zuerst besuchen wir den Cerro Zamorano, einen 3300m hohen Berg, der schon von weitem sichtbar ist. Man erreicht ihn nach 40km auf einer guten, doch rumpligen Katzenkopf-Pflaster-Piste. Entlang der Strecke gibt es Pachyphytum compactum und viele blühende Echeveria bifida zu sehen, in dieser Gegend fast schon ein Unkraut. In jedem Dorf müssen wir uns nach dem Weg zum Gipfel erkundigen, denn es zweigen immer wieder kleine Pisten in andere Dörfer ab. Schliesslich geht es durch ein rotes Tor, vorbei an blühenden Agave applanata, deren stahlblaue Farbe im grünen Gras unglaublich gut zur Geltung kommt, und wir kommen an eine dichtbewachsene Schlucht, durch die es kein Durchkommen zu geben scheint. Bauern sagen uns dann aber, dass wir richtig sind und die Piste in der Schlucht fast bis zum Gipfel hinaufführt. Es gäbe nur zwei enge Kurven, doch unser Camionzote habe sicherlich keine Probleme damit. Sicherheitshalber gehen wir einen ersten Teil der Strecke zu Fuss ab, denn wir haben keine Lust, später den halben Wald absägen zu müssen und nicht mehr umdrehen zu können. Da auf dem Gipfel Sendemasten einer Fernsehstation stehen, nehmen wir aber an, dass auch andere grössere Fahrzeuge hier durchfahren und tatsächlich sind die Bäume alle so gestutzt, dass es keine Probleme gibt. Die zwei engen Kurven entpuppen sich dann als total 10 Kurven, und wir müssen in mehr als nur zweien davon zweimal ansetzen, um herumzukommen - doch hochfahren ist allemal bequemer als hochwandern. Fast ganz oben gibt es einen schönen Parkplatz, wo auch schon andere Leute campiert haben. Die letzten Meter bis zu den verschlossenen Toren gehen wir zu Fuss. Um über den Zaun zu kommen, muss man etwas klettern, doch danach kann man gemütlich die Stahltreppen hochsteigen, die bis zu den Antennen und einigen Gebäuden hochführen. Natürlich wohnt hier oben ein Wächter, doch er hat nichts gegen unseren Besuch. In Mexico werden mittlerweile fast alle solchen Installationen bewacht, denn sonst wird alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist. Kupfer ist besonders beliebt. Kabel werden mitgenommen, Antennen abgeschraubt und sogar ganze Masten auseinandergenommen, die dann als Altmetall weiterverhökert werden. Wir steigen etwas den Felsen entlang und stossen bald auf rot-orange blühende Echeveria secunda, der es in Mauerspalten besonders gut zu gefallen scheint. Wir haben eine tolle Aussicht bis weit ins Land hinaus, wo in der Ferne schon die Gewitterwolken im Anzug sind.



Von Toliman wollen wir nun nach San Miguel Palmas weiterfahren. Laut unserer INEGI Karte gibt es in Toliman zwei Pisten Richtung Norden, aber natürlich ist nur eine ausgeschildert. Wir kommen durch kleine Siedlungen und sind sicher, auf dem richtigen Weg unterwegs zu sein. Weit unter uns liegt ein wunderschönes Flusstal mit kleinen Höfen und Feldern. Die Piste sieht einigermassen befahren aus, doch bald sind wir uns nicht mehr so sicher, denn die Spuren verlaufen sich und Unkraut und kleinere Büsche wachsen zwischen den Steinen. Es folgen ausgewaschene Partien, dann eine Verzweigung, die uns hinunter an den Fluss und in eine kleine Ortschaft führt. Glücklicherweise kann man den Fluss problemlos furten, denn eine Brücke gibt es nur für Fussgänger. Beim letzten Haus erkundigen wir uns nach dem Weg nach San Miguel Palmas und stellen fest, dass wir auf einer Strecke unterwegs gewesen sind, die in der INEGI Karte als Kuhpfad eingezeichnet ist. Dafür können wir tolle Bilder von Fouquieria splendens in grünem Blätterkleid und Isolatocereus dumortieri mit gelbem Dornenkleid machen, die im Gegenlicht wunderbar leuchten. Nach wenigen Kilometern erreichen wir die richtige Strasse, die ganz neu asphaltiert ist. In der Nähe eines Ranchos, das wir erst später bemerken, finden wir einen guten Uebernachtungsplatz mit Aussicht auf die Berge, an denen schon die schwarzen Gewitterwolken kleben. Um unseren Hochzeitstag zu feiern hat das Wetter allerdings Erbarmen mit uns. Wir grillen eine Arrachera (Flank Steak) und Gemüse. Dazu gibt es zu Ehren des Tages eine Flasche Champagner. Später bekommen wir sogar Besuch vom Dorf. Eine junge Frau kommt mit ihren zwei Buben vorbei und will uns gehäkelte Tischdecken verkaufen.



Nun geht es weiter Richtung Xichu. Wir kennen noch die alte Strasse, d.h. die Piste mit ihren Tunnels und Wasserfällen entlang der Strecke, doch nun hat die Modernisation auch diese einsame Ecke von Guanajuato erreicht und es gibt neu eine asphaltierte Strasse. Von 2000m Höhe führt sie bis ins Tal nach Xichu hinunter, das auf 1000m liegt. Natürlich ist die Strasse à la mexicana gebaut und fällt schon wieder stückweise auseinander. Ab und zu erhaschen wir einen Blick auf die alte Piste unter uns und können sogar einen der Tunnels sehen, doch all das wurde durch den Neubau zugeschüttet. Halbe Berghänge wurden abgekratzt und nun lockert sich durch den Regen das Gestein, Felsbrocken fallen auf die Strasse, ganze Hänge rutschen nach unten und verschütten den schönen Asphalt. An vielen Stellen wurde schon ausgebessert, dafür besteht die Strasse nun nur noch aus 1 1/2 Spuren, denn der Rest wurde für Stütz- und Schutzmauern gebraucht. In Xichu ist es heiss und schwül. Etwas ausserhalb finden wir bei einer alten Mine einen Platz am Fluss, wo es sogar schöne Steine zum sammeln gibt. In den Canyons nahe Xichu gedeihen Echeveria xichuensis und Turbinicarpus alonsoi. Von letzterem fanden wir bei unserem letzten Besuch nur ganz wenige Exemplare nahe der Piste, deshalb sind wir umso erstaunter, dass sich die Population anscheinend etwas erholt hat und wir sogar grosse Pflanzen am Eingang des Canyons entdecken können. Die Piste führt nun entlang des Flusses Richtung Guamuchil. Rechts werden wir von senkrechten Felswänden begleitet, links unter uns ist der Fluss. Und auf der anderen Seite geht es gleich wieder senkrecht in die Höhe. Die grauen Kalkfelsen sind dicht bewachsen mit Agave xylonacantha, Hechtien und Kakteen. Alles ist grün und undurchdringlich. Auf einer unscheinbaren Spur fahren wir bis an den Fluss hinunter und können PocoLoco sogar fast im Schatten eines Baumes parken. Ein Bad im Fluss in dieser spektakulären Schluchtenlandschaft erfrischt und kühlt uns angenehm ab. In Guamuchil muss man den Fluss nicht mehr furten, sondern fährt nun über die neue schöne Steinbrücke. Und dann klettert die Piste in die Höhe und es geht nur noch bergauf und immer weiter bergauf. In einer Felswand fotografieren wir ein blühendes Astrophytum ornatum, doch von Echeveria bifida, die wir hier letztes Mal fotografiert hatten, fehlt jede Spur. Bei den nächsten Felsen statten wir Beaucarnea compacta, die gerade anfängt zu blühen, einen Besuch ab. Und treffen auf Gleichgesinnte. Miguel Lugo und wir haben sogar einen gemeinsamen Bekannten in San Luis Potosi und Miguel erkennt uns sofort wegen unseres ungewöhnlichen Vehikels, das er schon auf unserer Webseite gesehen hatte. Er ist mit Freunden fürs Wochenende auf Pflanzensuche. Nachdem wir endlich so etwas wie eine Passhöhe erreicht haben, finden wir einen Uebernachtungsplatz auf einer ebenen Fläche. Im Unimog drin ist es drückend heiss, deshalb stellen wir die Stühle auf und benützen der Bequemlichkeit halber die Treppe als Tisch. Draussen müssen wir schon bald eine Jacke anziehen, denn auf mittlerweile wieder 2200m Höhe bläst ein kühler Wind. Und die Gewitterwolken sind auch schon im Anzug. Glühwürmchen tanzen durch die Dunkelheit und in der Ferne können wir das Wetterleuchten beobachten. In der Nacht geniessen wir denn auch Mutter Naturs Kleine Nachtmusik, die diesmal sehr laut ausfällt.



Alles, was wir hinaufgefahren sind, geht es nun wieder bergab. Nur ein Auto kommt uns entgegen, und der wichtig aussehende Mann mit Funkgerät erkundigt sich denn auch, ob wir uns verirrt hätten. Keine Viertelstunde später haben wir die Polizei mit Sirene und Blinklichtern hinter uns. Anscheinend meinen sie uns. Zuerst werden wir etwas unfreundlich nach dem Wer, Woher, Wohin und Warum gefragt. Dann werden die Personalien aufgenommen und nach Rücksprache mit der Zentrale haben wir dann nur noch die Durchsuchung des Autos vor uns. Als auch das keine Waffen oder Drogen zum Vorschein bringt, tauen die drei Polizisten langsam etwas auf. Wir kommen ins Gespräch, doch sie wollen nicht verraten, ob uns tatsächlich dieser Wichtigtuer von vorher gemeldet hatte, wovon wir ziemlich überzeugt sind. Sie meinen, es sei ja alles nur zu unserem Schutz. Die Leute hier seien eben misstrauisch, wenn sie solche ungewöhnlichen Fahrzeuge sehen und würden die Polizei anrufen. Mit den täglichen Schlagzeilen und anschaulichen Bildern in Zeitungen und Fernsehen ist es kein Wunder, dass die Leute mittlerweile hinter allem und jedem Entführer oder die Drogenmafia sehen - auch hinter einem mit Blumen bemalten Unimog mit Namen PocoLoco. Allerdings ist es für ganz normale Leute hier auch nicht mehr so angenehm, von der Polizei angehalten zu werden, denn man kann mittlerweile nie mehr wissen, ob es sich wirklich um die gute Polizei handelt oder um die Bösen, die sich Uniformen und Ausweise gekauft haben.



Weiter geht es Richtung San Joaquin. Nahe El Doctor besuchen wir unseren Standort für Echeveria halbingeri var. halbingeri weit oben in den Felsen. Und treffen auf ein ganz seltsames Tier, das aussieht wie eine Kreuzung aus Skorpion, Spinne und Kakerlake. Es stellt sich als ein Mastigoproctus giganteus, einen Giant Whipscorpion, im Volksmund auch vinegaroon genannt, heraus. Aus seiner "Peitsche" am Schwanzende kann das Tier bei Bedarf eine Flüssigkeit sprühen, die nach Essig riecht. Von einem Freund hatten wir einen Standort für Agave montana in diesen Bergen erhalten. Wir sollten einfach nach dem höchsten Gipfel Ausschau halten, denn genau dort würden wir die Pflanzen finden. In der Regenzeit kann sich das allerdings etwas schwierig gestalten, denn die höchsten Gipfel sind dank Nebel und Wolken meist unsichtbar. Dorfbewohner weisen uns dann aber auf die richtige Piste, die tatsächlich weiter in die Höhe klettert vorbei an blühenden Echeveria secunda. Instinktiv nehmen wir immer die richtige Verzweigung und landen schliesslich an einem seltsamen Stein, den wir sofort wiedererkennen, denn unser Freund beschrieb ihn als "moderne Kunst". Die letzten Meter fahren wir auf einer steinigen Piste zu mehreren Steinbrüchen hinauf, wo wir nun tatsächlich den höchsten Gipfel zwischen den Wolken erspähen können. Es gibt einen perfekten Parkplatz für den Unimog, der immer wieder von Nebelschwaden eingehüllt wird, die aus dem Tal über die Bergkante hinaufziehen. Wir schultern die Rucksäcke und klettern zwischen den grossen Kalkfelsbrocken in die Höhe. Der Berghang ist dicht bewachsen mit den grössten Agave salmiana, die wir je gesehen haben und einer Baumnolina, die wie Nolina parviflora aussieht. Nur ganz selten kommen wir an einer Agave montana vorbei, die immer in Felsspalten wächst. Oben angekommen empfangen uns auf der anderen Seite schon wieder Nebelschwaden. Und genau dieses Klima scheint Agave montana zu gefallen, denn der ganze Abhang steht voller Pflanzen. Alle Blütenstände sind abgeschnitten, es muss wohl gutes Viehfutter sein. Beim Herumklettern stolpern wir dann über zwei kleine Klapperschlangen, die sich an der Sonne aufwärmen. Eine verschwindet sofort in ihrem Loch, die andere lässt sich durch unsere Fotografiererei überhaupt nicht stören. Auf 3100m Höhe ist es ziemlich kalt, dazu kommt ein straffer Wind und die Nebelschwaden aus dem Tal, die uns immer wieder die Sicht versperren. Nachts geht denn auch ein gehöriges Gewitter über uns nieder und einige Blitze schlagen irgendwo in der Nähe ein.



Wir folgen dieser Piste weiter nach Chavarrias und erreichen dann schon bald eine neu asphaltierte Strasse. In Mexico scheint generell der Asphaltierungswahn ausgebrochen zu sein. Anstatt wichtige Strecken richtig und gut zu machen, werden möglichst viele Strassen neu asphaltiert, aber wenn die Asphaltdecke nur aus wenigen Zentimetern besteht, hält das natürlich nicht lange hin. Kaum erreichen wir die grosse Hauptstrasse, biegen wir schon wieder auf eine kleinere Strecke ein, die uns entlang der Presa Zimapan nach Zimapan führt. Der spektakulärste Teil führt durch einige lange und nicht beleuchtete Tunnels und über die Staumauer, die den Rio Moctezuma in einem ganz engen Stück zurückstaut. Leider darf man nicht anhalten und aussteigen aus Angst vor terroristischen Anschlägen. In Zimapan besuchen wir wie immer den kleinen Markt, wo es jetzt viele Sorten frischen Chiles gibt, aber auch viel Gemüse und Zucchiniblüten im Ueberfluss. Ausserhalb von Zimapan, schon auf dem Weg zur Barranca Toliman, finden wir einen Platz weit oberhalb der Piste in die Schlucht hinunter. An die nächtlichen Gewitter und Regengüsse haben wir uns schon gewöhnt. Und im trockenen und gemütlichen Fahrzeug zu sitzen und den Blitzen und Glühwürmchen zuzuschauen und dem Regengeprassel auf dem Dach zuzuhören, gehört mittlerweile zu unserer Abendunterhaltung.



Die Fahrt in die Barranca Toliman hinunter gehört wohl zu den spektakulärsten Strecken, die wir je mit PocoLoco gefahren sind. Bei unseren vorherigen Besuchen waren wir immer in Autos von Freunden unterwegs und schon da erscheint einem der Tunnel sehr niedrig und die Piste extrem eng. Doch wenn man mit einem Lastwagen unterwegs ist, kommt einem alles noch steiler, niedriger und enger vor. Und dann sind da ja noch die anderen Lastwagen, die Material aus den Minen abtransportieren. Auf dem ersten Teil treffen wir fast keine Fahrzeuge an und auch der Tunnel stellt sich als viel höher heraus, als wir ihn in Erinnerung gehabt hatten. Wir fotografieren die ersten Gruppen von Yucca queretaroensis, eine der wohl schönsten Yuccas überhaupt. Kurz nach dem Tunnel kommen wir zu einem Mineneingang im Berg. Es stellt sich heraus, dass die vollen LKW's in diesem Loch verschwinden und irgendwo auf der anderen Seite des Berges und viel weiter oben wieder herauskommen und dort direkt das Gestein abliefern. Kein Wunder, dass wir fast keinen Gegenverkehr hatten! Nun sehen wir aber auch schon die schwerbeladenen Lastwagen wie Ameisen auf der anderen Hangseite den Berg hinaufkriechen. Vortritt haben die, die von unten kommen. Wir sind erstaunt, dass man uns daran erinnert, denn diese Verkehrsregel gilt doch weltweit. Nur weiss das hier keiner, denn sowas wie eine Fahrschule ist (noch) fast unbekannt. In den engen Kurven beobachten wir die Spiegel, in denen man eventuellen Gegenverkehr frühzeitig sehen kann. Wir haben Glück und schaffen es ohne Probleme vorbei an den senkrechten Felswänden durch die engsten Partien der ganzen Strecke. Nun legen wir in einer der ersten Haarnadelkurven eine Pause ein. In die senkrechte Wand wurde eine Piste mit 'zig Haarnadelkurven gekratzt. Der Ort ist ideal für Fotos, ausserdem können wir genau sehen, wann von unten keine LKW's mehr unterwegs sind. Nach einer Weile erwischen wir eine Pause im Minenverkehr und machen uns an die letzten paar Meter. PocoLoco ist nur ein klein bisschen zu gross für einige Kurven, doch schliesslich stehen wir unten am Boden dieser grandiosen Schlucht. Ohne Probleme furten wir den Fluss, aus dem kurz vorher ein Auto herausgezogen werden musste.



Sofort sind wir von neugierigen Minenarbeitern umringt, denen wir Red und Antwort stehen müssen. Einige Optimisten meinen sogar, wir könnten weiter durch die Schlucht nach unten fahren, doch nach einem Blick auf die weggeschwemmte Einfahrt verschieben wir dieses Vorhaben auf die Trockenzeit. Normalerweise arbeitet die Mine in drei Schichten Tag und Nacht, doch das nächtliche Gewitter liess den Fluss so stark anschwellen, dass die Fahrzeuge ihn nicht mehr durchqueren konnten und so die Arbeit erst wieder am Morgen aufnehmen konnten. Weitere Minen flussabwärts sind nur noch zu Fuss erreichbar. Wir wandern dem Fluss entlang etwas die Schlucht hinauf, doch schon bald müssen wir die Schuhe ausziehen und dann wird es auch schon zu tief, auch für Gummistiefel. Weiter hinten sehen wir eine sehr enge Stelle, doch auch die können wir wohl erst bei einem nächsten Besuch in der Trockenzeit erreichen. Da wir nicht von einem weiteren starken Regenfall hier unten festgehalten werden wollen, machen wir uns an den Aufstieg. Nun haben wir Vortritt, was uns sehr gelegen kommt und einige gute Fotos entstehen lässt, als uns plötzlich eine ganze Menge leerer LKW's entgegenkommen. Die Fahrer sind meist sehr jung und nerven sich überhaupt nicht, wenn sie PocoLoco ausweichen oder sogar längere Strecken rückwärts fahren müssen, bis sie endlich eine Ausweichstelle erreichen. Die Nacht verbringen wir in der Nähe eines kleinen Dorfes. Und prompt bekommen wir nachts Besuch von der Polizei. Es ist die uns völlig unbekannte Policia Industrial y Bancaria de Hidalgo, die unsere Personalien will. Wir versprechen auch hoch und heilig, beim nächsten Mal sofort mit dem Encargado, dem Dorfhäuptling, Kontakt aufzunehmen, damit keine Missverständnisse entstehen. Unglaublicherweise wurde unser PocoLoco als verlassener Geldtransporter gemeldet! Nachdem die Polizisten uns versprechen, dass nun alles in Ordnung sei, fahren sie wieder nach Zimapan zurück. 20 Minuten später stehen die nächsten vor der Türe, die Policia Municipal. Die anderen hätten sie oben auf der Passhöhe angetroffen, aber anscheinend müssen auch sie noch einen Rapport ausfüllen und nochmals unsere Personalien aufnehmen. Der Rest der Nacht verläuft dann ruhig, abgesehen vom Regengeprassel auf dem Dach.



Von Zimapan geht es nun über Ixmiquilpan weiter Richtung Tolantongo. Wir fahren allerdings nicht bis in die Barranca Tolantongo hinunter, sondern biegen nach San Pablo Tetlapayac ab. Nach der Passhöhe kurvt die Piste in eine spektakuläre Schluchtenlandschaft hinunter. Ueber den nicht so fernen Bergen braut sich schon das nächste Gewitter zusammen und wir können schon die Blitze sehen. Auf der Strecke stoppen wir, um Fotos von Fouquieria fasciculata zu machen, einer der selteneren Fouquierias, die mit zunehmendem Alter einen ganz geschwollenen Fuss formt. Ausserdem gibt es Turbinicarpus horripilus, der aber leider momentan nicht blüht. Das Gewitter geht über uns nieder, doch danach blinzelt bald die Sonne wieder zwischen den Wolken hervor. Am Fuss dieser Schlucht kommen wir nach San Pablo Tetlapayac, wo es wohl die grösste Vielfalt an verschiedenen Plumeria Blütenfarben gibt, die wir je gesehen haben. Etwas ausserhalb fährt man auf einer Brücke über den Rio XXXX, der jetzt ein breiter Strom reissenden braunen Wassers ist. Dann schlängelt sich die Piste in Kurven wieder den Berg hinauf. In Metznoxtla haben wir fast die nächste Passhöhe erreicht. In diesem kleinen Dorf sind Zäune und Mauern meist lebendig, die Bewohner haben dafür Stenocereus marginatus in Stücke geschnitten und nahe aneinander gepflanzt. Nun folgen die ersten grandiosen Blicke in die Barranca de Metztitlan, die seit dem Jahr 2000 eine Reserva de la Biosfera, also ein geschütztes Gebiet ist. Eigentlich ist es keine Schlucht, wie wir das Wort verstehen, sondern eher ein breites Tal. Der Talboden ist unheimlich fruchtbar und wird das ganze Jahr über bebaut. Steile, teils senkrechte Klippen begrenzen das Tal auf beiden Seiten, die mit den bekannten Senitas, Cephalocereus senilis, und vielen anderen Kakteen und anderen Sukkulenten bewachsen sind. Da wir die normale Strasse durch die Barranca de Metztitlan schon kennen, wollen wir diesmal eine andere Variante ausprobieren. In einem kleinen Laden raten sie uns davon ab, denn es hätte so viel geregnet und das Wasser hätte die Piste zerstört. Wir wollen es trotzdem wissen und fahren zuerst durch die Ebene bis an die Berge. Im Tal ist die Piste rutschig und matschig vom vielen Regen, doch kaum erreichen wir den Berghang wird es steinig. Ausserdem meinen unsere nächsten beiden Informanten, dass es überhaupt kein Problem sei und dass das, was gestern vom Regen zerstört wurde, heute schon wieder geflickt sei. Die Strecke ist landschaftlich und pflanzlich lange nicht so interessant wie die andere Seite, dafür ist man hier alleine.



Nun heisst es geduldig warten bis die Regenzeit vorbei ist und die Flüsse langsam abschwellen. Dann können wir eine nächste Tour durch die grandiosen Schluchten von Hidalgo in Angriff nehmen. Wie nicht anders zu erwarten, ist unsere Liste mit Projekten, interessanten Orten und spannenden Pflanzen nicht kürzer geworden. Unter anderem wollen wir beim nächsten Besuch in Zimapan auch einmal der Mine einen Besuch abstatten und mit einem der Minenfahrzeuge unter kundiger Führung bis tief in den Berg hinein vorstossen.



August - September 2008



Julia Etter & Martin Kristen