travelog 70






Eine entomologische Exkursion



Blenden wir etwas zurück: Es ist Januar 2001 im Hinterland von Sonora. Wir tuckern auf einer staubigen Piste durch die Gegend. Plötzlich erscheint hinter uns ein roter Pickup, dessen Fahrer offensichtlich in Eile ist. Als nette Autofahrer machen wir natürlich Platz, doch das Auto fährt nicht vorbei, sondern hält neben uns an. Und was hören wir ? "Do you speak English?", werden wir von einem netten, jungen Mann gefragt. Hätte er uns "Is it a diesel?" gefragt, wäre die Begegnung wohl anders verlaufen ! Michael und seine damalige Freundin sahen unseren PocoLoco schon weit entfernt von der Asphaltstrasse, doch sie wollten unbedingt wissen, was es mit diesem seltsamen Fahrzeug auf sich hatte, also (ver)folgten sie uns auf der Piste bis sie uns endlich einholten. Ein Gespräch kam schnell in Gang, bald entdeckten wir gemeinsame Interessen, Michael identifizierte ein paar Bäume für uns, schliesslich wurden wir nach Tucson in Arizona eingeladen. Seit 2001 haben wir uns in Tucson immer wieder gesehen, doch dieses Mal reist Michael etwas weiter südlich als in sein normales Studiengebiet Sonora, er kommt bis nach Zentralmexiko, um hier mit uns Nachtfalter und Käfer zu studieren.



Unser Zielgebiet liegt in der Umgebung von Huejuquilla el Alto, von den Canyons in den Ausläufern der Sierra los Huicholes bis weit in die Berge hinauf. Diesmal sind wir für uns etwas ungewohnt mit Zelt und Schlafsack unterwegs. Uebernachtungsplätze müssen sorgfältig ausgesucht werden. Michael braucht Bäume, um seine Beobachtungsstation aufbauen zu können. Eichenwälder, tiefe Schluchten, oder die Klippen oberhalb eines Canyons sind ideale Punkte. Natürlich müssen wir immer erst sicherstellen, dass wir das Zelt nicht in eine sanfte Vertiefung oder eine Abflussrinne für Regenwasser stellen, schliesslich sind wir in der Regenzeit unterwegs. Michaels Insekten, v.a. die Nachtfalter, sind am aktivsten ca. 2-3 Wochen nach Beginn der Regenzeit. Die erste Nacht auf einer Lichtung zwischen Eichenbäumen ist fast die spektakulärste. Das Zelt ist für 6-8 Personen berechnet, zu dritt haben wir also reichlich Platz. Michael spannt ein weisses Laken zwischen zwei Eichenbäume. Zwei Ultraviolettröhren werden vom Laken abgespannt, an die Autobatterie angeschlossen und bei Einbruch der Dunkelheit angezündet. Zuerst kommen die Junikäfer in rauhen Mengen. Es gibt aber auch andere Insekten, die teils furchteinflössend aussehen, wenn man sie sich etwas genauer anschaut. Bald schon flattern die ersten Nachtfalter zum Licht, wo sie sich auf dem Laken oder auf Baumstämmen und Blättern ringsum niederlassen. Gegen Mitternacht verziehen wir uns alle müde ins Zelt. Zu Blitz und Donnergrollen wachen wir irgendwann wieder auf. Bald setzt der Regen ein. Doch wir haben Glück, das Gewitter zieht zwar grad über uns durch, doch der Wettergott ist gnädig und unser Zelt muss keinen wirklichen Härtetest bestehen. Am nächsten Morgen können wir tolle Fotos von den verschiedenen Nachtfaltern machen. Dabei wird auch das Motto dieser Reise gefunden: "It's all Sonoran crap", was bedeutet, dass Michael die meisten Insekten schon in Sonora im Norden Mexikos gesehen hat.



Tagsüber fahren wir zu einem nächsten interessanten Punkt und stoppen natürlich unterwegs immer wieder für spannende Pflanzen. Dank der Regen ist vieles in Blüte. Eine niedrige Erythrina, die in der Trockenzeit wahrscheinlich zurückstirbt, schmückt sich nun mit leuchtend orangen Blüten. Die Samen werden in Mexiko teils als Glücksbringer verkauft. In der Strassenböschung blüht ein violetter Klee. Verschiedene Arten von Salbei blühen rot und blau. Bäume, die wir sonst nur blattlos kennen, leuchten in den unterschiedlichsten Grüntönen. Hügel und Berge sind grün, gelbe Wiesen verwandeln sich in grünen Rasen, in trockenen Flussbetten sammelt sich das Wasser zu grossen Pfützen. Was für ein Unterschied zum April, als wir diese Gegend zum letzten Mal gesehen hatten !



Zwischen Huejucar und Huejuquilla el Alto bilden die Staaten Jalisco und Zacatecas Finger, die ineinandergreifen. Alle paar Kilometer wird man von Strassenschildern daran erinnert, dass man wieder den Bundesstaat gewechselt hat. Hinter Huejuquilla gibt es eine neue Asphaltstrasse, die schon bis weit in die Sierra de los Huicholes hinauf führt. Von Estacion Ruiz an der Pazifikküste in Nayarit ist eine andere Strassenbaumannschaft damit beschäftigt, die Piste von der Pazifikseite der Berge her zu einer Asphaltstrasse auszubauen. Zuerst erkunden wir etwas die Gegend um San Juan Capistrano, wo wir im April mit anderen Freunden schon einmal auf der erfolgreichen Suche nach einem neuen Standort von Echinocactus grusonii gewesen sind. Unser Campingplatz befindet sich an einer Brücke über einen noch trockenen Fluss. Zwar kann man sehen, dass unser Platz bei einer richtigen Flutwelle unter Wasser stehen würde, doch wir nehmen das Risiko für heute in Kauf. Die Strasse ist fast nicht befahren und keiner interessiert sich für uns. Ein kleiner enger Canyon beherbergt Fledermäuse in einer kleinen Höhle und eine grosse Eule. Wir sind tief in einem wunderschönen Canyon unten, wo die Temperaturen allerdings abends trotz der 1000m Höhe angenehm kühl werden. Die Nachtfalter-Ausbeute ist nicht sonderlich beeindruckend, es ist natürlich auch wieder viel "Sonoran crap" darunter. Bei bedecktem Himmel entfachen wir am nächsten Morgen das Feuer und brutzeln Spiegeleier mit Speck und Tortillas. Sogar heissen Kaffee gibt es. Das Zelt ist im Auto verstaut als die ersten Regentropfen fallen. Trotzdem wandern wir noch etwas flussabwärts, um den Echinocactus grusonii in den Felswänden zu sehen. Wenn die Regenzeit erst richtig in Gang ist, wird ein Durchkommen hier wohl schwieriger sein, doch momentan können wir noch über die grossen runden Steine im trockenen Flussbett klettern. Im Regen fahren wir weiter, doch kaum kommen wir aus dem Canyon hinaus, empfängt uns auch schon die Sonne und blauer Himmel. Immer wieder stoppt uns Michael für einen interessanten Baum. Mal sind es Burseras, dann ein Manihot, oder ein Baum, dessen Rinde die Einheimischen verwenden. Bei einem kurzen Halt in San Juan Capistrano erfahren wir, dass dieser Baum "Cuachalalate" heisst (Amphipterygium molle). Die Rinde wird etwas zerkleinert und dann in Wasser aufgekocht, bis das Wasser bräunlich wird. Dies soll besser als Kaffee schmecken und v.a. sehr gut für Körper und Geist sein. Als wir wegfahren wollen, kommt eine Frau mit einem Päckchen voller "Cuachalalate" Rinde angerannt, das sie uns unbedingt schenken will. Als wir die Rinde wie erklärt am nächsten Morgen zubereiten, hat das Getränk nichts mit Kaffee gemein, es schmeckt allerdings sehr gut und wir fühlen uns nachher auch gleich gesünder.



Nun geht es weit in die Sierra los Huicholes hinauf. Die neue Asphaltstrasse schlängelt sich in langen Kurven bis auf 2700m hinauf. Immer wieder stoppen wir für interessante Pflanzen oder grandiose Ausblicke. Hier oben gedeihen Agave maximiliana und Nolina parviflora, aber auch verschiedene Kakteen. In kürzester Zeit haben wir vom tropischen, blätterverlierenden Wald in Pinien- und Eichenwald gewechselt. An einem Aussichtspunkt mit fantastischem Blick weit ins Tal des Rio Atengo, der gleichzeitig auch ein heiliger Ort der Huichol-Indianer ist, klettern wir in den Felsen herum. Echeveria agavoides und Sedum hintonii wachsen hier. Leider hat der Strassenbau viel zerstört. Aushubmaterial und Abfall wurden über die Felsen hinuntergeworfen und haben Pflanzen unter sich begraben. Auf einigen Felsen finden wir aber immer noch Huichol-Reliquien und sogar ein kleines Gärtchen mit Peyote (Lophophora williamsii), der hier oben natürlich nicht überleben kann. Immer weiter fahren wir in die Höhe bis uns schliesslich ein Mann am Strassenrand stoppt. Er möchte gerne einen "rite" (vom englischen "a ride", eine Mitfahrgelegenheit), doch wir haben wirklich keinen Platz. Auffallend ist sein kleines Schnäuzchen und sein ganz weiches spanisch. Schliesslich sagt er, es wäre ja nur für einen Kilometer, also zwängen wir ihn irgendwie doch noch auf den Rücksitz. Dies wird der längste Kilometer unseres Lebens ! Wir unterhalten uns gut und Don Melecio zeigt uns einen kleinen Weg, der anscheinend auf ein Stück seines Landes geht, wo wir die Nacht verbringen können. Nach etwa 7 Kilometern kommen wir schliesslich nach Canoas, wo er dann doch noch aussteigt. Die Strasse sei noch für 4 Kilometer sehr gut, dann würde daran gebaut, meint er und entfernt sich nach einem Dankeschön. Also fahren wir weiter, um eine nächste Kurve, und kommen nach 500 Metern schon zum Ende der Strasse und der Baustelle. Das waren dann wohl die kürzesten 4 Kilometer unseres Lebens ! Wir versuchen die kleine Piste, die uns Don Melecio gezeigt hat und fahren bis zu einer kleinen Lichtung zwischen den Pinien und Eichen hoch, wo wir das Zelt aufbauen. Ueberall liegen grosse Steinbrocken, die mit interessanten Pflanzen und v.a. viel Moos bewachsen sind. Eine Manfreda rettet sich so vor den hungrigen Ziegen. Auf den Steinen gedeiht aber auch Mammillaria senilis und "papas del monte", die kleinen Minikartoffeln, die man in der Saison ab und zu auf mexikanischen Märkten angeboten findet. Ein Lagerfeuer soll uns auf 2700m etwas warm halten. Mit dem Wetter haben wir diesmal weniger Glück und es fängt schon abends an zu regnen. Beim Eindunkeln taucht plötzlich noch ein Mann mit seinem Hund auf, auch er mit einem kleinen Schnäuzchen, und warnt uns in weich klingendem spanisch vor Wölfen, Bären und Berglöwen. Des unangenehmen Wetters wegen sind wir schon früh im Bett. Gegen Mitternacht weckt uns das laute Schnaufen eines Tieres gleich neben dem Zelt. Ein hungriger Bär ? Doch plötzlich hören wir ein Kläffen und es wird wohl nur ein abgemagerter Hund sein, der sich an unseren Hühnchenknochen gütlich tut. Trotzdem will der Schlaf nicht mehr so recht zurückkommen. Unser Lagerfeuer hat trotz des Regens durchgehalten und mit etwas Piniennadeln und trockenen Aestchen ist es schnell wieder entfacht und wir stärken uns mit heissem Kaffee und einem amerikanischen Frühstück. Als wir später Don Melecio zufälligerweise wieder an der Strasse antreffen, erzählen wir ihm von den Bären, Wölfen und Berglöwen. Er lacht nur laut und meint, die gäbe es hier schon lange nicht mehr.



Eine andere Nacht verbringen wir auf einer Wiese zwischen riesigen Eichenbäumen oberhalb von Monte Escobedo. Grosse grüne Blätter leuchten im Abendlicht und wir entdecken die noch nicht voll entwickelten Blütenstände von Polianthes platyphylla (jetzt Agave platyphylla). Hat man einmal eine Pflanze entdeckt, sieht man plötzlich, dass die ganze Wiese übersät ist. Die grünen Blätter sind völlig unscheinbar und könnten auch zu einer Bodenorchidee gehören. Michael hat ein extrem gutes Gefühl für diese Nacht was die Insekten anbelangt. Abends sitzen wir am Lagerfeuer, immerhin sind wir immer noch auf 2400m Höhe. Nur langsam kommen Insekten ans Licht, wir haben uns alle mehr davon versprochen. Ausserdem ist es natürlich wieder sehr viel "Sonoran crap". Nun geht es weiter Richtung Guadalajara, doch wir verziehen uns bald wieder in die Berge und auf eine Hochebene, wo in den Klippen Agave rzedowskiana beschrieben wurde. Der Platz wäre wunderschön, doch leider ist der Wind zu stark. Einerseits würden so keine Nachtfalter auftauchen, andererseits wollen wir auch nicht mit dem Zelt über die Klippen geweht werden. Etwas weiter finden wir dann aber einen einigermassen akzeptablen Platz zwischen Eichenbäumen. Michael entdeckt zwischen den trockenen Blättern eine blühende Dorstenia. Auf einer Kuppe gibt es mehr seltsame Pflanzen, von denen man ohne Blütenstand nicht so genau sagen kann, ob sie zu den Agavengewächsen gehören oder nicht. Die steinigen, fast humuslosen Abhänge sind mit wunderschön kompakten Exemplaren von Agave guadalajarana bewachsen. Ein grosser, grün schillernder Käfer (Chrysina sp.) wird auf Eichenblättern fotografiert. Nur ein betrunkener Mexikaner will ein kleines Schwätzchen mit uns halten. Bald erklärt er uns, dass wir hier auch ein Jahr lang bleiben können. Als wir ihm versichern, wir würden keinen Abfall zurücklassen, meint er sofort, wir könnten allen Abfall dieser Welt rausschmeissen, kein Problem, die Mexikaner würden es sowieso nicht sehen. Womit er wahrscheinlich nicht ganz unrecht hat - wir haben den Abfall aber trotzdem mitgenommen. Auf der Fahrt zurück zur Asphaltstrasse kommen wir an blühenden Agave tequilana vorbei, einer Seltenheit, werden doch die Blütenstände normalerweise abgeschnitten, um die Pflanze noch rechtzeitig ernten zu können und zu Tequila zu verarbeiten. In der Böschung blühen noch die letzten Aztekenlilien (Sprekelia formosissima). Bald schon schleicht sich ein unangenehmer Geruch ins Auto. Wir nähern uns dem Rio Santiago, der die ganzen Abwässer des Nordens von Guadalajara mit sich führt. Je näher wir kommen, desto unerträglicher wird der Kloakengeruch. Der Fluss trägt weisse Schaumkronen, das Wasser ist schwarzbraun. San Cristobal de la Barranca liegt an der Strasse Richtung Guadalajara. Die Leute hier müssen ihren Geruchssinn völlig verloren haben, wie sonst können sie an diesem Fluss wohnen. Die Kloake begleitet uns noch für eine Weile, doch bald kommen wir wieder in die Höhe und es riecht nach frischem Gras und Regen.



Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise ist der Besuch eines Wasserfalles im schon eher tropischen Michoacan. Südlich von Reyes fahren wir zu den Chorros del Varal. Ueber 786 Stufen steigt man steil in einen Canyon hinunter, dann geht es über eine Hängebrücke über einen tosenden Fluss und auf der anderen Flussseite etwas flussabwärts bis zu einem Aussichtspunkt gegenüber den Chorros. Die Chorros del Varal sind Wasserfälle, die direkt aus dem vulkanischen Gestein herauskommen. Wasservorhänge fallen auf einer Breite von 200 Metern in den Fluss hinunter. Die Umgebung ist unheimlich grün, die Bäume tragen ein dichtes Blätterwerk, Kletterpflanzen schlingen sich in die Höhe, "uvas del monte", wilde, aber ungeniessbare Trauben, locken mit ihrer violetten Farbe, bunte Schmetterlinge segeln von Blüte zu Blüte. Graptopetalum pentandrum ist zwischen all dem Grün fast nicht mehr zu finden. Auch Sedum hemsleyanum hat dank des vielen Wassers völlig vergeilte Rosetten. Das Wasser des Flusses lockt zu einem Bade, doch leider ist es wie eigentlich nicht anders zu erwarten auch verseucht. Und so baden wir eben in unserem eigenen Schweiss, der einem in dieser tropischen Landschaft sofort ausbricht. Nachdem wir die 786 Stufen wieder hochgeklettert sind, immerhin im Schatten riesiger Feigen- und wilder Avocadobäume, brauchen wir erst einmal eine Verschnaufpause. Der Platz fürs Zelt muss heute besonders sorgfältig ausgesucht werden. Dicke Wolken hängen schon den ganzen Tag am Himmel, die Erde hier ist schwarz und unheimlich lehmig, überall sieht man Abflussrinnen des Regens. Schliesslich einigen wir uns in Ermangelung eines besseren auf einen nicht idealen Platz direkt auf der Piste und haben wieder einmal Glück. Der Regen verschont uns. Michael trägt die Autobatterie 100 Stufen in den Canyon hinunter und spannt sein Laken beim ersten Podest auf. Wir müssen uns dick mit Antiinsektenspray einnebeln, um all die beissenden Viecher abzuhalten. Trotz der Wärme tragen wir alle langärmlige Hemden und sogar Kapuzen, um uns vor den Käfern und Insekten zu schützen, die durch das Licht angezogen werden und uns unter die Kleider kriechen wollen. Die Nachtfalter lassen auf sich warten, und Michael vermutet, dass die Regenzeit hier schon zu weit fortgeschritten ist und die meisten schon Eier gelegt haben und gestorben sind. Trotzdem können wir einige hübsche Nachtfalter beobachten, allerdings fliegt uns auch hier viel "Sonoran crap" ins Laken.



Für die entomologisch interessierten Leser wollen wir hier doch noch einige Namen der Nachtfalter zum besten geben, die wir auf unserer Reise angetroffen haben. Da ist zum Beispiel ein kleiner, gelber, haariger Nachtfalter, der nach seinem Geruch auch Erdnussbutter-Nachtfalter genannt wird, es ist eine Megalopyge bisessa. Man muss mit seiner Nase gar nicht so arg nahe an den Nachtfalter herankommen und schon kann man die Erdnussbutter riechen. Ein Männchen der Spezies Estigmene albida, das Michael uns vorführt, riecht weniger einladend. Wenn man es am richtigen Ort etwas drückt, fährt es auf beiden Seiten des Körpers haarige Büschel, genannt coremata, aus, die intensiv nach Katzenexkrementen riechen. Das soll auf die Weibchen anscheinend wie ein Aphrodisiakum wirken. Weitere kleine Nachtfalter sehen aus wie Wespen mit ihren schmalen Flügeln und den gestreiften Körpern. Ein lachsfarbenes Weibchen, eine Copaxa lavendera, ist auf den Flügeln mit vielen silbrigen Fensterchen verziehrt. Ein riesiger Nachtfalter, Ascalapha odorata, sehr dunkel gefärbt und ebenfalls mit zusätzlichen Augen verziehrt, wird allgemein die schwarze Hexe genannt. Dieser Falter segelt schon fast wie ein kleiner Vogel durch die Luft und migriert im Sommer teilweise bis in den Norden der USA. Grössere Falter, wie zum Beispiel Copaxa muellerana, haben gerne riesige bunte Augen auf den Flügeln, um Fressfeinde abzuhalten. Auch Automeris boudinotiana aff. ist eher unscheinbar lachsfarben, doch wenn man die grossen Flügel zurückbiegt, starren einen plötzlich zwei grosse schwarze Augen mit weissen Pupillen an. Arsenura polyodonta hat eine andere Verteidigungsstrategie. Dieser Falter passt sich mit seiner grau-braun-schwarzen Musterung ganz einfach der Umgebung an, so dass er fast unscheinbar ist auf einem Eichenstamm. Dysdaemonia boreas ist ebenfalls nicht sonderlich attraktiv gefärbt, doch an den Schwanzflügeln hat dieser Falter lange Fortsätze. Eacles oslari ist ein weiterer grosser Nachtfalter mit hübscher gelb, violett und schwarzer Musterung. Besonders hübsch ist Syssphinx raspa mit den gelbgrau gemusterten Flügeln mit prominenten weissen Rändern. Die unteren Flügel sind meist versteckt und leuchten in einem wunderschönen rot mit weissem Rand. Ein anderer interessanter Falter, Xylophanes eumedon, kommt aus der Gattung der Sphinx Nachtfalter und ähnelt mit seinen Grün-, Grau-, Weiss- und Brauntönen und seinen schmalen spitzen Flügeln fast einem Kampfflugzeug.



Wie Ihr seht können uns nicht nur Agavaceen und Crassulaceen begeistern, Michael hat es geschafft, uns mit dem Nachtfalterfieber anzustecken !



Juni 2006



Julia Etter & Martin Kristen