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Lebewohl, unser PocoLoco



4500 Kilometer in einer Woche mit Durchschnittsgeschwindigkeit 80 km/h. So weit ist es von Guadalajara, Jalisco (Mexiko), bis nach Vancouver, British Columbia (Kanada) und so schnell, oder besser so langsam fährt eben unser Unimog, wenn man es bequem haben möchte. Geplant war, die Strecke möglichst schnell und schmerzlos hinter uns zu bringen, doch bald merkten wir, dass ein paar Verschnaufpausen, freiwillige und aufgezwungene, gar nicht so übel waren.



Nachfolgend wollen wir Euch von unserer letzten Reise mit PocoLoco berichten, der uns viele Jahre lang zuverlässig als fahrendes Hotel gedient hatte, und den wir dieses Jahr an einen grossen Unimog Fan in Kanada verkauften. Auf dem Weg nordwärts fuhren wir durch viele uns bekannte Gebiete, kamen ein letztes Mal in den Genuss amerikanischer Campingplätze, erlebten einmal mehr unheimlich hilfsbereite Menschen unterwegs, beantworteten geduldig die immer gleichen Fragen, und kamen uns am Ende doch wie japanische Touristen vor, die z.B. ganz Europa in fünf Tagen besichtigen (und dann mit Stolz behaupten, ganz Europa gesehen zu haben).



Bevor wir die lange Reise aber antreten konnten, mussten wir zuerst eine Bewilligung von der mexikanischen Regierung einholen, um das Fahrzeug bis an die US-Grenze zu fahren. Die mexikanischen Gesetze wurden dahingehend geändert, dass es Ausländern mit Niederlassungsbewilligung nicht mehr erlaubt war, Fahrzeuge mit ausländischen Nummernschildern, die temporär importiert waren, in Mexico zu fahren. Es war ziemlich umständlich, die nötigen Papiere zu beantragen, doch letztendlich hielten wir die Bewilligung in unseren Händen. Natürlich wollte auf der Reise durch Mexico dann niemand die Papiere sehen, doch hätten wir sie nicht dabei gehabt, wären wir sicher in Probleme geraten.



An einem Samstag ging es los. Von Guadalajara nach Ciudad Juarez fuhren wir wenn immer möglich auf der kostenpflichtigen Autobahn und übernachteten an grossen Tankstellen, wo wir uns in guter Gesellschaft weiterer LKWs befanden. Nach zweieinhalb Tagen erreichten wir die Grenze zu El Paso, Texas, wo sich der Grenzübergang als erstaunlich leicht herausstellte. Noch auf der mexikanischen Seite wurde die temporäre Importbewilligung für den Unimog storniert und der Kleber an der Windschutzscheibe entfernt. Nachdem auf der US Seite dann unsere Pässe kontrolliert waren, wurde das Fahrzeug genauer inspiziert. Es versammelten sich bald einige Beamte, die alle mal schnell ins Innere von PocoLoco schauen wollten und wir durften einmal mehr die üblichen Fragen nach "how many miles per gallon", etc., pp. beantworten. Gertrud und Ad erwarteten uns schon und hatten das Gästezimmer vorbereitet, so dass wir spontan beschlossen, diese Gelegenheit für eine kleine Verschnaufpause zu nutzen.



Am Mittwochmorgen fuhren wir von El Paso weiter. Es ging auf mehr oder weniger verlassenen Autobahnen über Las Cruces in New Mexico Richtung Albuquerque. Von der Landschaft sahen wir nicht viel, denn der Wind blies kräftig und Staubwolken verdeckten oftmals die weitere Sicht. Bei den grossen Ausfahrten waren an den Autobahnen praktischerweise immer Schilder angebracht mit den Tankstellen, Hotels und Restaurants an der entsprechenden Ausfahrt. Bei so einer Ausfahrt entschieden wir uns für ein Mittagessen bei Wendy's. Natürlich sollten es nicht ungesunde Hamburger sein, sondern ganz gesunde Salate, die jetzt in all diesen Fast Food Lokalen angeboten wurden. Unsere beiden Salate kamen in kleinen Plastikschalen, waren lächerlich klein, unterdurchschnittlich gut und überdurchschnittlich teuer, oder hatten wir uns einfach nur an die mexikanischen Preise gewöhnt? Jedenfalls war unser Entschluss schnell gefasst, in Zukunft bei Supermärkten anzuhalten, um Brot, Käse, Zuckererbsen und Früchte zum Picknick einzukaufen. Albuquerque hatten wir zuletzt vor 13 Jahren besucht und uns damals sogar das alte Stadtzentrum angeschaut. Die Stadt schien in der Zwischenzeit kräftig gewachsen zu sein und wir waren froh, dass wir mit dem ganzen Schwerverkehr auf der Autobahn einfach hindurchfahren konnten. Dann ging es auf dem Interstate 40 durch kahles Hügelland Richtung Westen. Bald kamen wir durch verschiedene Indian Reservations, die man von der Autobahn aus gut an den riesigen Casinos erkennen konnte. Die Strasse war auch gesäumt von unzähligen Souvenirgeschäften, wo wir uns schon 2001 gewundert hatten, wie die Indianer hier all den vielen echten Indianerschmuck, die authentischen Teppiche, Körbe, Kachina Dolls und Mokassins herstellten. Wenn es damals tatsächlich noch die Indianer gewesen waren, kam der Kitsch heute bestimmt aus China.



In Gallup hatten wir dann genug für den Tag und stellten uns auf den Safeway Parkplatz, der von seltsamen Gestalten bevölkert wurde. Es dauerte auch nicht lange, bis wir von einem jungen Mann angesprochen wurden, der etwas Geld für Windeln für seine kleinen Töchter ausleihen wollte, das er uns am nächsten Morgen ganz bestimmt wieder zurückerstatten würde. Kurz darauf dann war es ein älterer Mann, der uns über PocoLoco ausfragte, bis er sich schliesslich nach einer kleinen Unterstützung für sein Abendessen erkundigte. Es wurde eine kalte Nacht auf fast 2000 Metern Höhe. Morgens dann gab es teuren Kaffee bei Starbucks und Internet. Auch beim Kaffee lernten wir schnell dazu: Starbucks war generell viel zu teuer, doch an den grossen LKW Tankstellen fand man sogar nachmittags noch frisch gebrauten Kaffee zu erschwinglichen Preisen.



Als Martin den Unimog am frühen Morgen startete, wollte sich kein Druck aufbauen und irgendwo beim Bremspedal wurde Luft abgeblasen. Glücklicherweise hatten wir ein Handy und konnten so die nächstgelegene Love's Tankstelle mit LKW Werkstätte anrufen. Der freundliche Herr erkundigte sich mehrere Male, was wir denn für einen Lastwagen fahren würden und wir versicherten ihm jedesmal, dass er nur bis zum Safeway Parkplatz kommen müsse und unseren Lastwagen sofort problemlos erkennen könnte. Weniger als eine halbe Stunde später erschien der Mechaniker und als Martin den Unimog wieder anliess, war plötzlich alles ganz normal. Sicherheitshalber fuhren wir doch noch zur Love's Tankstelle, doch die Mechaniker erklärten uns, dass in der kalten Nacht ein bisschen Kondenswasser in der Bremsleitung gefroren war und deshalb das Ventil nicht öffnen konnte. Das hätten wir eigentlich auch wissen müssen, doch wir waren ja schon länger nicht mehr in wirklich kalten Gegenden unterwegs gewesen. Für ihre Bemühungen wollten die Herren gar nichts haben und wir hätten ihnen gerne eine Schweizer Schokolade gegeben, doch leider hatten wir keine dabei. Ausserdem waren beide etwas übergewichtig und meinten, Schokolade würde ihrer Linie sowieso nicht gut tun.



Auf einer ganz normalen Strasse fuhren wir nun durch die Navajo Indian Reservation Richtung Norden nach Shiprock. Linkerhand kamen immer wieder interessante Felsformationen ins Blickfeld und das Monument Valley in Arizona war auch nicht weit von uns entfernt, doch leider hatten wir keine Zeit für einen Abstecher. Von Shiprock ging es weiter nach Cortez in Colorado und dann Richtung Nordwesten nach Monticello in Utah. Am Horizont begleiteten uns immer wieder schneebedeckte Bergketten. In Monticello bogen wir nach Moab ab und kamen durch uns sehr bekanntes Gebiet: Canyonlands und Arches Nationalparks. Sogar aus dem fahrenden PocoLoco heraus konnten wir einige schöne Fotos von roten Felsknubbeln und verschneiten Berggipfeln machen. Am frühen Nachmittag erreichten wir dann Moab, das wir vor 16 Jahren das letzte Mal besucht hatten. Die Strasse führte immer noch mitten durch das Zentrum des kleinen Städtchens, doch jede freie Fläche war in der Zwischenzeit mit Campingplätzen oder Hotels überbaut worden. Durch spektakuläre Landschaft kamen wir dann schnell bis nach Green River, wo wir endlich wieder eine wirklich grosse Strasse, den Interstate 70, erreichten. Wir entschieden uns für die Querspange, die die Eisenbahn und offensichtlicherweise auch der ganze Schwerverkehr nach Salt Lake City benützte. Die Strasse, die auf unserer uralten Karte klein eingezeichnet war, entpuppte sich als regelrechte Autobahn. Wir schafften es bis nach Price, wo wir uns für einen Campingplatz und eine warme Dusche entschieden. Schlappe $35 plus Steuer kostete der Spass. 1998 waren es noch ungefähr $25. Für die $35 bekamen wir einen engen Platz mit Strom- und Wasseranschluss, einen modrigen Holztisch mit Bänken, WiFi Internet, und eine heisse Dusche im Waschraum. Irgendwie verflog die Campingromantik bei diesen Preisen sehr schnell und wir wunderten uns, wie das die vielen Rentner und Familien in ihren riesigen Wohnmobilen alles bezahlten. An diesem Tag hatten wir den Japanern tatsächlich Konkurrenz gemacht, schafften wir es doch in einem Tag durch New Mexico, Colorado und Utah zu fahren und dabei auch noch Fotos von Monument Valley, Canyonlands und Arches Nationalparks zu schiessen, wenngleich einige dieser Fotos etwas sehr verwackelt herauskamen.



Am nächsten Morgen quälten wir uns mit dem ganzen Schwerverkehr durch den Price Canyon auf den 2300 m hohen Soldier Summit. Natürlich ging es auf der anderen Seite gleich wieder steil den Berg hinunter nach Provo und Salt Lake City. Am Ausgang des Canyons musste es richtig windig sein, denn hier waren einige riesige Windräder hingebaut. Durch Salt Lake City fuhren wir sechs-spurig und mit viel Verkehr und waren natürlich die langsamsten. Mittlerweile hatte sich eine Routine eingespielt: Während Martin fuhr bereitete ich hinten Sandwiches vor. An grossen Raststätten machten wir Fahrerwechsel und gingen aufs Klo. Diese Raststätten waren eher wie Erholungsoasen gleich an der Autobahn mit WiFi Internet, sauberen Toiletten, Tischen und Bänken, und Tafeln mit Erklärungen zur näheren Umgebung. Nördlich von Salt Lake City bogen wir auf den Interstate 84 ein und fuhren nun Richtung Nordwesten nach Idaho hinein. Die Landschaft war eher langweilig, kahle Hügelketten, endlose Felder, eine leere Autobahn und am Horizont ab und zu verschneite Berge. Die einzige Attraktion war der Snake River, den wir verschiedene Male überquerten. Weitere Höhepunkte auf amerikanischen Strassen waren Lastwagen, deren Anhänger mit der amerikanischen Flagge bemalt und mit patriotischen Schriftzügen bepinselt waren. Der einsame Spitzenreiter war: "God bless America, our troops, and especially our snipers", was übersetzt ungefähr soviel heisst wie "Gott beschütze Amerika, unsere Truppen, und besonders unsere Scharfschützen". Den Tag beschlossen wir in Mountain Home, Idaho, wo es doch tatsächlich wie in fast jeder grösseren Stadt einen WalMart gab. Wir stockten unsere Picknick-Vorräte auf und erstanden auch gleich noch Martins Geburtstagkuchen: einen Chocolate Lovers Cheesecake Sampler. Nachdem wir alle Oelstände kontrolliert hatten, entdeckte Martin an einem der Hinterreifen einen tiefen Schnitt in der Flanke. Es war purer Zufall, dass PocoLoco ausgerechnet so geparkt war, dass der rund 10 cm lange Schnitt gut zu sehen war. Da sich der Schnitt etwa 1.5 cm weit öffnete, entschieden wir uns, den Reifen fachmännisch prüfen zu lassen.



Martins Geburtstag begann mit Schokoladekuchen und Kaffee auf dem Parkplatz von Les Schwab, dem grössten Reifenhändler im Nordwesten der USA, Niederlassung Mountain Home, Idaho. Der Reifen wurde fachmännisch untersucht und die Leute meinten, wir sollten auf keinen Fall weiterfahren, denn der Reifen würde sich auf der Strasse extrem aufwärmen und der Schnitt könnte sich dadurch noch mehr ausweiten, was zu einer Katastrophe führen könnte. Da wir den Unimog gern in einem Stück nach Kanada bringen und verkaufen wollten, entschlossen wir uns, nach einem neuen Reifen desselben Typs Ausschau zu halten. Der Verantwortliche junge Mann des Geschäftes war zufälligerweise ein grosser Unimog Fan und tat alles Erdenkliche, um uns möglichst schnell weiterzuhelfen, was zusätzlich schwierig war, weil es Samstagmorgen war und über das Wochenende nicht viel laufen würde. In Everett bei Seattle wartete bereits ein Michelin Reifen auf uns, den hätte man per Spedition nach Mountain Home schicken können, ausser dass über das Wochenende nicht viel passiert wäre. Schliesslich fand unser Unimog Fan zwei neue Reifen nahe Portland, Oregon, und organisierte auch gleich den Transport. Diese beiden Reifen wurden am Samstag auf einen LKW verladen und nach Bend, Oregon, transportiert. Dort wurden sie am Sonntag auf einen LKW der Firma Les Schwab umgeladen und lagen pünktlich um 8 Uhr am Montagmorgen vor dem Les Schwab Geschäft in Mountain Home. Der Transport der beiden riesigen Reifen kostete uns sagenhaft billige $30.



In Mountain Home gab es nicht so viele Uebernachtungsmöglichkeiten in der Nähe von Les Schwab. Da war ein KOA Campingplatz, der allerdings $38 plus Steuer kosten sollte. Gleich gegenüber der Reifenfirma entdeckten wir das Hilander Motel, das auf dem Internet gute Kritiken hatte. Ein persönlicher Besuch bestätigte die positiven Beurteilungen und für $42 plus Steuer bekamen wir ein Zimmer mit einem riesigen Bett, einem Tisch mit Stühlen, Flachbildfernseher, WiFi Internet, Kühlschrank und Mikrowelle, und ein Badezimmer mit einer Badewanne. Morgens gab es heissen Kaffee und fettige Donuts, ausserdem konnte man von dem Motel aus das Stadtzentrum zu Fuss erreichen. Am Nachmittag besuchten wir einen kleinen Flohmarkt, wo man gegen Vorweisung eines Ausweises sogar Schusswaffen kaufen konnte. Dann gab es noch ein Cinco de Mayo Fest im Stadtpark, wo wir uns fasziniert die vielen Fetten, Rednecks, Tätowierte, extrem Hellhäutige und Blonde, Friends of the NRA (National Rifle Association, die amerikanischen Waffennarren) und mehr anschauten. Ansonsten war an dieser mexikanischen Fiesta nicht sonderlich viel los. Nachdem wir gegen Abend am Fernseher dann viel Werbung gesehen hatten, flimmerte eine Pizza mit Salami über den Bildschirm. Laut Internet befand sich gleich um die Ecke ein Pizza Hut. Wir bestellten per Internet eine Salamipizza, die wir danach zu Fuss abholten. Dazu gab es im Hotelzimmer eine Flasche Syrah aus dem Snake River Valley, mit der wir auf Martins Geburtstag anstiessen. In dicke Jacken eingemummelt unternahmen wir am Sonntag dann einen Spaziergang. In Mountain Home schien konstant ein kalter Wind zu blasen. Wir kamen an verlotterten Häusern und ungepflegten Gärten vorbei. Ab und zu kam uns die Flora bekannt vor: Pfingstrosen und Flieder und andere Büsche, die im Frühling auch in der Schweiz in den Gärten blühten. Am späten Nachmittag konnten wir sogar draussen sitzen bei Kurley's Sports Bar & Grill. Es gab lokales Bier vom Fass und natürlich Hamburger und Fries.



Am Montagmorgen dann standen wir wieder pünktlich vor den Türen bei Les Schwab, wo die beiden neuen Reifen schon auf uns warteten. Den kaputten Reifen liessen wir liegen, der alte Hinterreifen wurde als Ersatzreifen aufs Dach befördert und um halb elf Uhr morgens waren wir wieder auf dem Interstate 84 Richtung Boise unterwegs. Bei Ontario erreichten wir Oregon. Danach ging es auf den Interstate 82 und über den Columbia River nach Washington hinein. Irgendwie hatten wir die Illusion gehabt, dass wir hinter Salt Lake City keine wirklichen Berge mehr überqueren müssten, doch unser Weg durch Oregon und Washington führte uns entweder durch Hügelland oder dann über einen Pass nach dem anderen, wo wir allerdings auch in den Genuss schöner Ausblicke kamen. Die Landschaft war nun viel grüner und saftiger, dafür kamen wir aber auch durch einige Regenstürme hindurch. Die Fahrt durch das Yakima Valley mit seinen Weinbergen, Apfel- und Kirschenplantagen war ein weiterer Höhepunkt dieses Tages. Da es ein langer Tag gewesen war, wollten wir in Ellensburg nach einem WalMart Ausschau halten, den es erstaunlicherweise dort nicht gab. Wir fuhren einmal auf der Hauptstrasse durch das ganze Städtchen hindurch und landeten schliesslich bei einem Restaurant, wo wir Hamburger, French Fries und lokales Bier vom Fass genossen. An der Autobahnausfahrt gab es eine riesige Tankstelle mit Truck Stop, wo wir uns mitten zwischen die LKWs stellten. Solche Plätze waren zwar praktisch, da gleich an der Autobahn gelegen, man konnte die Toiletten benützen und am Morgen gab es heissen Kaffee, doch die Parkplätze waren immer relativ gut beleuchtet und die Kühl-Lastwagen liessen die ganze Nacht ihre Aggregate laufen, was nicht für sonderlich gemütliche Nächte sorgte.



Am Dienstag mussten wir den Snowqualmie Pass, den letzten Pass auf der Reise, überwinden. Dort oben lag der Schnee sogar noch gleich neben der Autobahn. Immer wieder gingen Regenschauer nieder und dazwischen gab es schöne Regenbögen. Als wir auf der Westseite des Passes Richtung Seattle hinunterkamen, wurde der Verkehr schnell dichter und wir gerieten in den morgendlichen Berufsverkehr im Grossraum Seattle. Da wir eh die langsamsten waren, machte uns das nicht sonderlch viel aus, so lange wir immer vorwärts fahren konnten. In Everett gönnten wir uns eine kleine Kaffeepause bei der Firma, die ursprünglich einen Ersatzreifen für uns bereit gehabt hatte. Als wir angerufen hatten, um mitzuteilen, dass wir den Reifen nicht mehr benötigten, bat uns Caleb, doch mit dem Unimog vorbeizufahren, damit er sich das Fahrzeug aus der Nähe anschauen konnte. Die ganze Firma war begeistert von unserem Besuch und wir redeten eine ganze Weile über unsere Reisen und die Zukunftspläne ohne Unimog. Dann ging es immer in der Nähe der Pazifikküste Richtung Norden. Wir entschlossen uns für den einfachsten Grenzübergang bei Blaine, wo wir etwas in der Kolonne anstehen mussten. Der kanadische Grenzbeamte stellte unheimlich viele Fragen zu PocoLoco, stempelte unsere Pässe und schickte uns ohne genauere Inspektion von dannen. In der Nähe von Vancouver wurden die Strassen merklich enger und der Verkehr nahm zu. Ohne Probleme fanden wir den Weg nach New Westminster, wo wir bei Karen und Leigh, einem Bruder von Lindsay, dem neuen Unimog-Besitzer, eingeladen waren. Die beiden wohnten in einem Quartier mit steilen Strassen, wunderschönen Blumengärten und alten Häusern.



Am gleichen Abend wurde unsere Ankunft sowie gleichzeitig auch noch drei Geburtstage gefeiert. Martin am 3. Mai, sowie Karen und Leigh zwischen 4.-6. Mai. Das Wetter spielte nicht mit und so sassen wir eben drinnen um die Kochinsel herum, tranken guten Wein, berichteten von unseren Abenteuern, und genossen ein hervorragendes Nachtessen. Die nächsten Tage vergingen mit Einführungskursen in die Eigenheiten und technischen Details von PocoLoco. Lindsay wohnte in einem anderen, eher asiatisch angehauchten Stadtteil, lieh uns aber sein Auto aus, um jeden Tag hin- und herfahren zu können. Ersatzteile und Werkzeuge wurden ausgepackt, angeschaut und katalogisiert, wobei ein paar Teile zum Vorschein kamen, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie überhaupt hatten. Natürlich bekamen wir auch eine kleine Tour durch seinen Mitsubishi Fuso mit einem Aufbau, der vor Jahrzehnten von der Vorgängerfirma von Unicat hergestellt worden war. Lindsay's vietnamesische Freunde verwöhnten uns an einem Abend mit vietnamesischer Küche, wo sogar die Frühlingsrollen hausgemacht waren. Ansonsten kochten wir zusammen mit Karen und Leigh und dezimierten ihren ausgezeichnet bestückten Weinkeller um einige Flaschen. Nach den ersten zwei Regentagen liess sich auch die Sonne blicken und wir konnten mit unseren Fleecejacken sogar auf der Terrasse das Nachtessen geniessen. Einen einzigen Tag verbrachten wir als Touristen im Zentrum von Vancouver, wo wir uns an verschiedene Ecken erinnerten, die wir vor Jahren schon einmal besucht hatten. Die Stadt gefiel uns immer noch sehr gut mit ihrer Lage am Pazifik und mit der Sicht auf die verschneiten Berge. Als Lindsay dann keine Fragen mehr betreffend Fahrzeug hatte, das geschäftliche erledigt war, und der Unimog neue kanadische Nummernschilder hatte, machten wir uns mit dem Zug auf den Weg nach Süden, doch davon wollen wir Euch in einem nächsten Reisebericht erzählen.



April 2014



Julia Etter & Martin Kristen